BMW S 1000 R

„Wenn ein japanischer Vierzylinder ein Graubrot ist, dann ist das hier Pumpernickel. Es brüllt. Es brabbelt. Es röhrt.„

So hat ein Kritiker in der Welt über dieses Motorrad geschrieben und wie recht er hat. Doch wie bin ich zu diesem Renner gekommen? Zweirad bin ich schon immer (gerne) gefahren, doch in den letzten Jahren wurde es immer weniger. Warum? Es zwackte hier und da, der Helm drücke mir das Ohr ab, so das es richtig schmerzte und wenn ich mal gefahren bin, taten die Handgelenke und der Nacken weh durch die gestreckte Sitzposition. Und der jüngste ist man auch nicht mehr, da braucht man schon Tage, um wieder fit zu werden.

Letztes Jahr hab ich mich doch entschlossen, den eigentlich wenig getragenen Helm gegen einen neuen zu tauschen, der sitzt auch stramm, aber ich habe keine Probleme mehr mit dem taub werdenden Ohr. Die Kombi ist mittlerweile vom Schrumpfleder befallen und da hab ich mich nun für Textil entscheiden, warm oder kühl, bequem und einen Schauer kann er auch noch ab. So kann man schon eine Ausfahrt machen, wenn da nur nicht die Handgelenke und der Nacken wären. Dagegen hilft nur fahren, fahren und nochmals fahren. Das hab ich auch dieses Jahr gemacht, 2500 km hab ich in drei Monaten zusammen bekommen und es hat Spaß gemacht.

Wie wäre es dann mit einem neuen Motorrad? BMW hat ja 2009 den Renner überhaupt auf die Räder gestellt und die ganze japanische Konkurrenz auf die Zuschauertribühne verwiesen. Respekt, in das hart umkämpfte Segment einzusteigen und dann nicht nur mitzufahren, sondern richtig vorweg zu ballern, als wenn die Japaner nie Motorräder gebaut haben. Das hätte ich den Bayern nie zugetraut. Die S1000RR wäre mein Bike gewesen, wenn da nur nicht diese Sitzhaltung wäre. Doch es gibt doch mittlerweile die kleine Schwester, ohne Verkleidung und mit hohem Lenker. Zum ersten Mal hab ich die live in HH auf dem Mogo gesehen und mich dann entschlossen: Das wird mein Motorrad.

Aber diese Saison ist durch; also erst nächstes Jahr. Aber man kann ja mal schauen, wie die Lieferzeiten sind und was ich für meine CBR noch bekomme. BMW in Oeversee kenne ich ja schon seit Jahren, aber das ist ja immer eine Reise. In Neumünster gibt es noch einen Händler und das ist quasi um die Ecke. Da fahre ich doch mal vorbei, wenn es dann mal trocken ist. Dann hat es doch mal geklappt und ich trug den Verkäufer meine Wünsche vor: eine S1000R in Rot mit dem Zusatzpaket eins und zwei, roter Felgenlinierung und Diebstahl Warnanlage. Er sagte nur ganz trocken: „Hab ich da. Sogar als Vorführer. Kannste mal fahren.“ Damit hab ich nun gar nicht gerechnet. Hm, wenn neues Moped, dann schnell, sonst ist der Sommer vorbei. Also eine Nacht drüber geschlafen und dann das Ja-Wort gegeben. Eine Probefahrt hab ich auch noch gemacht und da war ich dann restlos überzeugt, das richtige gemacht zu haben. Nun noch Papierkram und die Zulassung. Sehr passend, daß ich in der nächsten Woche Urlaub habe und sogar Geburtstag. Aber am Freitag kam kein Anruf aus Neumünster, das wird ein hartes Wochenende und dabei ist das Wetter noch spitzenmäßig, was will man machen?

Am Montag der erlösende Anruf: „Wann willst du abholen?“. Ein Blick nach draußen: Regen :(, soll aber noch am Nachmittag aufhören, aber leider zu spät. Also Dienstag, da gibt es eine Regenpause, auf nach Neumünster.

Da steht sie nun, nagelneu und vollgetankt, dafür vielen Dank an Bergmann & Söhne, hat alles gut geklappt. Schlüssel rein und den Startknopf drücken, der Anlasser dreht ein paar mal und dann ist es wie ein Urknall, BÄHM, die Härchen stellen sich auf, die Klangdesigner haben ganze Arbeit geleistet.

Die Sitzposition ist wie gemacht für mich, kannte ich ja schon vom Vorführer, da hab ich keine Sekunde gebraucht um zu sagen: Ja das ist es. Aufrecht, leicht nach vorne, so das man ein gutes Gefühl fürs Vorderrad noch hat und ein breiter Lenker mit guter Kröpfung, traumhaft. Der Kniewinkel ist selbst bei meiner Körpergröße ganz schön knackig, mal schauen, wie das auf die Dauer wird.


Nun heißt es 1000km einfahren, hm was könnte man da mal Schönes machen. Wie wäre es mit einmal um Schleswig-Holstein rum? Werfen wir mal den Tourenplaner an und gucken was dabei herauskommt; 748km bei einer Fahrzeit von knapp 11 Stunden, ganz schön viel. Mein Kollege Berthold hat gleich gesagt, ich hätte einen Vogel, das würde ich nicht schaffen. Aber genau das will ich heraus finden: wie weit kann man damit fahren?

Am Donnerstag hatte der Wetterfrosch schon mal gute Laune angesagt, ein Tag nach meinem Geburtstag, ein bisschen aufgeregt war ich schon. Mein Navi war vorbereitet und eine Tasche, die ich vorher noch besorgt hatte, war schnell auf dem hinteren Sitzbrötchen festgeschnallt. Nun noch die Spiegelreflex und eine Kanne Tee eingepackt und endlich geht es um 07:26 los.

In Wankendorf noch mal ein paar Liter tanken und dann geht es in gemütlicher Fahrt nach Bad Segeberg. Nun ist es erstmal Landstraße angesagt. Es fährt sich leichtfüßig wie ein Fahrrad, nur mit viel KW halt. Macht richtig Laune.

In Reinfeld ging es auf die Autobahn, ich hab nur die falsche Richtung erwischt, blöd, was willst machen. Nächste Gelegenheit runter und dann nach Lübeck. Hier noch von der Bahn runter um den Motor ein bisschen Abwechslung zu bieten.

Und schon ist die Fehmarnsund-Brücke in Sicht, man ist das windig hier, volle Schräglage und dabei geht es nur geradeaus. Ganz schön viel Verkehr hier, also kurz mal Gas geben und der bayrische Stier brüllt los, als wenn man ihn von hinten in den Schritt gefasst hätte, was für eine Klangkulisse, herrlich. Puttgarden war fix erreicht, Zeit für ein kleines Päuschen. Das körperliche Befinden ist absolut in Ordnung, allerdings ist es ganz schön frisch und das obwohl die Sonne lacht, schön, wenn man Griffheizung hat 🙂

Auf nach Kiel und dann nach Eckernförde, hier hab ich wohl die Abfahrt verpasst und das Navi schickte mich dann nach Osdorf, um wieder auf meine ursprüngliche Tour zu kommen. Doch da ist Baustelle, Mist, alles wieder zurück.

Von Eckernförde nach Waabs, das ist eine bekannte kurvenreiche Strecke, hier macht das richtig Laune, per Schaltassistent die Gänge rauf und runter schalten, klasse. Dabei lässt sich der Renner schaltfaul fahren, über Land reicht der 6te Gang, Dampf ist immer genug vorhanden.

In Kappeln musste ich erstmal einen Pullover kaufen, man ist das kalt, zum Glück sind die Hände schön warm 🙂

Flensburg wurde schnell erreicht und auf geht es nach Nordfriesland, Home of Y. Lange nicht mehr hier gewesen, früher bin ich mit Kameraden auf zwei Rädern jeden Winkel abgefahren. Apropos Kamerad: Da war doch noch Bernhard an der Dänischen Grenze, ob der noch da wohnt? Wenn ich hier schon mal bin, dann fahre ich hier mal vorbei. Und tatsächlich, er war sogar da, was für eine Freude, wir haben uns bestimmt 15 Jahre nicht mehr gesehen. Aber ich musste weiter, auch wenn seine Mutter mich gleich da behalten wollte, meine Reise sollte ja an einem Tag geschafft werden.

Mittlerweile ist es schon 18:00 Uhr und etwas mehr als die Hälfte der Reise ist geschafft. Nun heißt es Beeilung, auch wenn ich am liebsten an jeder Ecke ein Foto gemachte hätte weil die Gegend richtig schön ist, es drängt die Zeit.

In Bredstedt ist mal wieder eine Tankpause angesagt, hier gab es glücklicherweise noch einen Imbiss, um meinen Magen auch mal aufzutanken. Weiter geht’s auf der B5, Bredstedt, Breklum, Struckum, wie oft bin ich hier früher durchgefahren, schön, mal wieder hier zu sein. An Husum vorbei und dann an Heide; es läuft richtig gut. Meldorf, Marne und Brunsbüttel, das war die Westküste.

Auf den Weg nach Glückstadt hatte mich doch wieder eine Baustelle ausgebremst und irgendwie war die Umleitung auch gesperrt. Also noch mal Pause und das Navi zu einer anderen Strecke überreden. Alles wieder zurück fahren und dann auf die 23. Bei Pinneberg runter von der Bahn, um auf meine ursprüngliche Route zu kommen, wieder eine Baustelle, doof aber nicht zu ändern. Also Abbruch und ab nach Hause, es ist jetzt dunkel und auf dem Navi ist nichts mehr zu sehen. Über Quickborn auf die A7, Tempomat an und lass rollen, auch eine feine Sache, entspannt gut. Das Licht ist für Halogenlampe ok, LED-Licht würde der S 1000 R auch gut zu Gesicht stehen.

Um 23:12 Uhr war ich dann in der A-Z-Str. angekommen, ich hatte es geschafft: 798km in 15:45 Stunden, das hätte ich mit der CBR nie geschafft. Sicherlich drückt es am Moors und die Halsmuskulatur braucht jetzt auch eine Pause. Aber nächsten Tag konnte ich schon wieder fahren.


Fazit

Was für ein Tag, was für eine Tour. Noch nie habe ich so viele Kilometer am Stück geschafft und das wollte ich schon immer mal machen. Zu Hause die Tour planen, da kann man richtig schöne Strecken heraussuchen und das mit dem Navi einfach abfahren, super. Warum hat man das so spät erfunden? Dabei bin ich fast nur Landstraße gefahren aber da ist das Fahren doch am schönsten. Und schön war es wirklich, viel Landschaft gesehen, schon verloren gegangene Freunde besucht und alles mit einem tollen Motorrad.

BMW hat hier aus einem Supersportler einen alltagstauglichen Renner gebaut, der nicht langweilig ist, sondern Charakter hat:

Es brüllt. Es brabbelt. Es röhrt.

Gesamtstrecke: 797.43 km
Gesamtzeit: 15:45:20

7 Comments

  1. Kay Fensch sagt:

    Geile Nummer du bist und warst schon immer anders !
    Motorrad mit Tempomat und Handheizung echt fette Nummer !
    Wollen wir zwei auch mal wieder ne runde drehen ?
    Auf ne Pizza ne Flasche Rotwein und ein Eis !

  2. Jesko sagt:

    Hallo Markus,
    coole Idee, das Einfahren so zügig abzuhaken. Schöne Tour und ein wirklich gut geschriebener Bericht, flüssig zu lesen und einige nette Bilder mit Worten gemalt, wie „dem Stier in den Schritt gefasst“, ich roll mich ab…… Und Deine Bilder sind erste Sahne, auch und speziell von Madeira!
    Viele Grüße und viel Glück und Freude mit dem neuen Bock! Vielleich schaffen wir es ja mal zusammen unsere „Coladosen“ durch das Land zu treiben.

    Jesko

  3. Jörch sagt:

    Moin Markus, alte Säge!

    Tolle Idee, tolle Story! Komme mir vor, als wäre ich mitgefahren, hinten, auf dem Sitzbrötchen.
    Beim Lesen versetzt es mich hier und da in die alte Heimat, Fehmarn, Nordfriesland – war ja auch für Jahre mein Y-Land…
    Ich freue mich, dass Dir der Bomber mit dem Karl-Dall-Gesicht soviel Laune macht.
    Wenn zur nächsten Saison tatsächlich die angepeilte Supersport S bei mir einzieht, dann können wir ja vielleicht mal….

    Allzeit gute Fahrt und viel Spass mit dem neuen Mopped!

    Lass es brüllen.
    Lass es brabbeln.
    Lass es röhren.

    Bis demnächst bei der Post!

    Jörch

  4. Goggo sagt:

    Moin Meister,

    was eine geile Idee, die Einfahrt eines neuen Mopeds an einem Tag durchzuziehen.
    Naja, ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, von Dir hätte ich es nicht erwartet! 😉
    Was mich jetzt aber nach all den Jahren, quatsch, Jahrzehnten, die wir uns kennen, am meisten verblüfft, ist die Tatsache, dass Du ein so fantastischer Reiseberichtverfasser bist.
    Wenn man es sich durchliest, ist es, als wäre man dabei gewesen.
    Desweiteren kann man an dem Bericht erkennen, dass Du Dich mit dem Kauf der S 1000 R („der Bomber mit dem Karl-Dall-Gesicht“) für die richtige Maschine entschieden hast.
    Sportlich, aber für Dein Alter passend! 🙂
    Griffheizung, Tempomat und dann noch der Schaltassistent, das entlastet auch die linke Hand!
    Sollte sich bei mir mal die Einfahrt einer neuen Maschine einstellen, so denke ich ist die Strecke genau das Richtige. 😉

    Ich wünsche Dir mit deinem neuen Spielzeug allzeit gute Fahrt!

    Gruß
    Goggo

  5. Olli sagt:

    Moin Markus,

    sehr geile Tour auf ’nem klasse Möppi, echt beinhaard!
    Wenn Du Deine Einfahrstrecke mal diagonal Richtung Niebüll fahren solltest, komm’ste bei der Fähre Landwehr einfach mal auf ’ne Tasse Kaffee bei mir vorbei :o).

    Viel Spaß und weiterhin gute Fahrt.

    Gruß,
    Olli

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